Inhaltsverzeichnis
- Einleitung
- Was ist gleitende Arbeitszeit?
- Gleitzeit als vertragliche Grundlage
- Merkmale der gleitenden Arbeitszeit
- Keine klassischen Überstunden
- Ausgleichspflicht und Grenzen
- Umgang mit Minusstunden
- Fazit
Einleitung
Im folgenden Blog-Beitrag vermitteln wir Ihnen einen umfassenden Überblick über Rechte, Pflichten und rechtliche Grenzen bezüglich der Gleitzeit. Flexible Arbeitszeitmodelle gewinnen seit Jahren an Bedeutung. Besonders beliebt ist die gleitende Arbeitszeit. Dieser Beitrag zeigt praxisnah auf, welche arbeitsrechtlichen Aspekte Unternehmen und Arbeitnehmende dabei beachten müssen.
Hinweis: Dieser Beitrag ist Teil unseres Hubs Arbeitszeitmodelle & Regelungen.
Was ist gleitende Arbeitszeit?
Gleitende Arbeitszeit bedeutet, dass Mitarbeitende innerhalb bestimmter Grenzen selbst entscheiden können, wann sie mit der Arbeit beginnen und aufhören. Meist besteht eine sogenannte Blockzeit, in der Anwesenheitspflicht besteht (z. B. 10:00 bis 12:00 Uhr und 14:00 bis 16:00 Uhr). Die restliche Zeit kann individuell gestaltet werden.
Dieses Modell bietet Arbeitnehmenden eine gewisse Zeitsouveränität, ohne dass sich dies auf den Lohn auswirkt. Wichtig ist jedoch: Gleitzeit darf nicht gegen zwingende gesetzliche Bestimmungen wie Höchstarbeitszeiten, Ruhezeiten oder das grundsätzliche Verbot von Nacht- und Sonntagsarbeit verstossen.
Gleitzeit als vertragliche Grundlage
Flexible Arbeitszeitmodelle wie Teilzeitarbeit, Jobsharing, Arbeit auf Abruf oder Jahresarbeitszeit müssen vertraglich geregelt sein. Das Arbeitsgesetz schreibt Höchstarbeitszeiten und Ruhezeiten vor (Art. 9 ff. ArG), auch Gesamtarbeitsverträge können spezifische Regelungen enthalten. Innerhalb dieses Rahmens können die Vertragsparteien ein Gleitzeitmodell frei vereinbaren.
Fehlt eine vertragliche Regelung, kann der Arbeitgeber im Rahmen seines Weisungsrechts die Arbeitszeiten einseitig festlegen.
Merkmale der gleitenden Arbeitszeit
Charakteristisch für Gleitzeit ist die Aufteilung der Arbeitszeit auf eine längere Periode (z. B. Monat oder Jahr). Arbeitnehmende sind nur verpflichtet, während der Blockzeiten anwesend zu sein. Ausserhalb dieser Zeiten können sie Beginn, Ende und Dauer ihrer Arbeitszeit weitgehend selbst bestimmen.
Die Flexibilität gilt auch für Pausen oder persönliche Angelegenheiten. Wichtig: Die eigenverantwortliche Gestaltung der Arbeitszeit entbindet nicht von der Pflicht, die vertraglich vereinbarte Sollarbeitszeit im vorgesehenen Zeitraum zu erfüllen.
Keine klassischen Überstunden
Ein Mehr an geleisteter Zeit innerhalb des Gleitzeitrahmens gilt nicht als Überstunden im Sinne von Art. 321c OR. Solange die Sollarbeitszeit auf das Ende des vereinbarten Zeitraums erreicht wird, liegt keine gesetzlich relevante Überschreitung vor.
Mehrarbeit kann durch Minusstunden an anderen Tagen kompensiert werden. Die Flexibilität basiert auf Eigenverantwortung und Zeitsouveränität des Arbeitnehmenden.
Ausgleichspflicht und Grenzen
Arbeitnehmende müssen darauf achten, ihren Gleitzeitsaldo auszugleichen. Besonders in der Kündigungsfrist (oder Probezeit) ist sicherzustellen, dass keine übermässigen Zeitguthaben verfallen. Unternehmen dürfen laut Rechtsprechung überschüssige Gleitzeitstunden entschädigungslos verfallen lassen, sofern dies vertraglich oder in einem Reglement geregelt ist.
Nur wenn Arbeitnehmende aus betrieblichen Gründen oder wegen Weisungen die Gleitzeit nicht nutzen können, entstehen echte Überstunden mit Entschädigungsanspruch.
Umgang mit Minusstunden
Minusstunden entstehen in Gleitzeitmodellen, wenn die tatsächliche Arbeitszeit hinter der vereinbarten Sollzeit zurückbleibt. Ziel ist es, solche Saldi früh zu erkennen und planbar abzubauen – ohne die betriebliche Leistung zu gefährden und ohne die Mitarbeitenden zu überlasten.
Grundsätze für einen fairen Umgang
- Transparenz: Mitarbeitende sehen ihre aktuellen Saldi (Plus- und Minusstunden) jederzeit im System.
- Frühwarnwerte: Ab definierten Schwellwerten (z. B. −5 h) erfolgt ein automatischer Hinweis an Mitarbeitende und Vorgesetzte.
- Planbarer Abbau: Minusstunden werden innerhalb eines vereinbarten Zeithorizonts (z. B. 1–3 Monate) abgebaut – per Einsatzplanung oder punktueller Verlängerung der Tagesarbeitszeit.
- Sonderfälle regeln: Krankheit, Unfall, bezahlte/unbezahlte Absenzen sowie Kurzarbeit sind im Reglement klar beschrieben, damit keine Fehlbuchungen entstehen.
- Kein „heimlicher“ Lohnabzug: Abzüge erfolgen nur gemäss Vertrag/Reglement und nach vorgängiger Information.
Praxis-Tipps für HR & Führung
- Klare Verantwortlichkeiten: Wer prüft Minussalden? Wer genehmigt Abbaupläne? Legen Sie Rollen und Frequenzen fest (z. B. monatlich).
- Regelwerk schriftlich festhalten: Definitionen, Grenzen, Abbaufristen, Behandlung von Ausnahmen und Austritt sollten im Personalreglement stehen.
- Saubere Abgrenzung: Gleitzeit- und Überstundensaldi getrennt führen. Mehr zu den rechtlichen Unterschieden in unserem Überblicksartikel
Überstunden & Überzeit. - Digitale Unterstützung nutzen: Mit der TimeSafe Zeiterfassung lassen sich Regeln hinterlegen (Sollzeit, Bandbreiten, Maximalsaldi) und automatische Hinweise einrichten.
Empfohlene Prozessschritte
- Monitoring: Wöchentliche Kontrolle der Saldi durch Führung/HR; bei Schwellenwerten automatisch informieren.
- Abbau planen: Kurzer Abstimmungstermin mit Mitarbeitenden; Abbauplan (Termine/Massnahmen) schriftlich festhalten.
- Dokumentieren: Änderungen im System bestätigen lassen (Mitarbeitender & Vorgesetzte).
- Nachhalten: Nach 2–4 Wochen prüfen, ob der Plan wirkt; bei Bedarf anpassen.
Häufige Stolpersteine und wie Sie diese vermeiden
- Unklare Regeln: Ohne Reglement führt Gleitzeit schnell zu Uneinheitlichkeit. Deshalb: schriftliche, verständliche Vorgaben.
- Vermischte Saldi: Plus-/Minusstunden sind nicht automatisch Überstunden. Rechtlich relevante Mehrarbeit erläutern wir im Beitrag
Überstunden & Überzeit. - Späte Korrekturen: Je älter Minussalden, desto schwieriger der Abbau. Frühwarnungen und kurze Review-Zyklen einführen.
Reporting & Compliance
Für Audit- und Payroll-Zwecke ist eine revisionssichere Dokumentation zentral: Saldenverlauf, Genehmigungen, Abbaupläne und Abweichungen sollten nachvollziehbar archiviert sein. TimeSafe erstellt dazu auf Knopfdruck Berichte, die Gleitzeit-, Überstunden- und Überzeitkonten getrennt ausweisen.
Fazit
Gleitzeit bietet Flexibilität, verlangt aber Disziplin und Verantwortung. Sie eignet sich besonders für Unternehmen, die Eigenverantwortung fördern wollen, und für Mitarbeitende, die Beruf und Privatleben besser vereinbaren möchten. Voraussetzung ist eine klare vertragliche Regelung und eine konsequente Dokumentation der Arbeitszeiten.