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Einführung ins Schweizer Arbeitsrecht

Warum das Arbeitsrecht für Arbeitgebende und Arbeitnehmende wichtig ist

Ob Sie ein Unternehmen führen, ein KMU leiten oder selbst als Mitarbeitender tätig sind – das Schweizer Arbeitsrecht geht uns alle etwas an. Es legt die Spielregeln fest, auf denen das tägliche Miteinander im Arbeitsleben basiert: von der Anstellung über Arbeitszeiten bis zur Kündigung. Gerade weil der Arbeitsalltag immer komplexer wird, ist es entscheidend, die wichtigsten Eckpunkte des Arbeitsrechts zu kennen – nicht zuletzt, um rechtliche Fallstricke zu vermeiden.

Das Arbeitsrecht ist keine starre Vorschriftensammlung, sondern ein dynamisches Rechtsgebiet. Es verändert sich im Takt gesellschaftlicher, wirtschaftlicher und technischer Entwicklungen. Besonders in Zeiten von Homeoffice, digitaler Transformation und wachsender Flexibilisierung der Arbeitswelt stellt sich mehr denn je die Frage: Was gilt eigentlich genau – und für wen?

Diese Einführung soll Ihnen helfen, ein solides Grundverständnis über die zentralen Aspekte des schweizerischen Arbeitsrechts zu gewinnen – klar, verständlich und praxisnah. Besonders mit Fokus auf KMU und Dienstleistungsbetriebe, in denen rechtssichere Prozesse oft eine Herausforderung darstellen.

Was regelt das Arbeitsrecht konkret?

Das Schweizer Arbeitsrecht ist breit gefächert. Es umfasst verschiedene Gesetzesbereiche, die ineinandergreifen. Im Zentrum stehen:

  • Obligationenrecht (OR): Regelt individuelle Arbeitsverhältnisse – vom Arbeitsvertrag über Lohnfragen bis zur Kündigung.
  • Arbeitsgesetz (ArG): Dient dem Gesundheitsschutz der Mitarbeitenden und regelt Arbeitszeiten, Pausen, Ruhezeiten, Nacht- und Sonntagsarbeit sowie den Schutz besonders verletzlicher Gruppen (z. B. Schwangere, Jugendliche).
  • Berufsbildungsgesetz, Gleichstellungsgesetz, Datenschutzrecht u.v.m. – je nach konkretem Fall anwendbar.

Je nach Branche und Unternehmensgrösse können zudem Gesamtarbeitsverträge (GAV) eine Rolle spielen. Diese gelten häufig für Bau, Gastgewerbe, Pflege oder Transport. Sie haben Vorrang vor individuell ausgehandelten Arbeitsverträgen, wenn sie allgemeinverbindlich erklärt wurden.

Arbeitsvertrag – das Fundament jedes Arbeitsverhältnisses

Ein Arbeitsverhältnis beginnt mit dem Arbeitsvertrag. Dieser kann mündlich, schriftlich oder durch sogenanntes konkludentes Verhalten abgeschlossen werden (z. B. Arbeitsaufnahme ohne schriftliche Vereinbarung). In der Praxis ist jedoch ein schriftlicher Vertrag absolut empfehlenswert, nicht zuletzt als Beweismittel im Streitfall.

Ein Arbeitsvertrag sollte mindestens folgende Punkte klar regeln:

  • Funktion und Stellenbezeichnung
  • Lohn (inkl. allfälliger 13. Monatslohn oder Boni)
  • Arbeitszeit (z. B. 42 Stunden/Woche)
  • Ferienanspruch (mindestens 4 Wochen pro Jahr)
  • Kündigungsfristen
  • Probezeit (maximal 3 Monate)
  • Regelungen zu Überstunden, Spesen oder Weiterbildung

Auch wenn das Obligationenrecht viel Spielraum bietet, sollten insbesondere kritische Punkte wie Lohnfortzahlung bei Krankheit, Arbeitszeiterfassung oder Nebentätigkeiten konkret festgehalten werden.

Gesetzliche Arbeitszeiten – zwischen Flexibilität und Schutz

Ein zentraler Aspekt des Arbeitsrechts ist die Regelung der Arbeitszeit. Diese ist im Arbeitsgesetz und Verordnungen verankert und unterscheidet zwischen Normalarbeitszeit, Überstunden und Überzeit.

Grundsätzlich gilt:

  • 45 Stunden/Woche für Büroangestellte, technisches Personal und Verkaufspersonal in Grossbetrieben
  • 50 Stunden/Woche für alle übrigen Arbeitnehmenden

Alles, was über die vereinbarte Arbeitszeit hinausgeht, ist Überstundenarbeit (bis zur Höchstarbeitszeit) oder Überzeitarbeit (darüber hinaus). Überzeit ist nur in begründeten Ausnahmefällen zulässig und muss zwingend mit Lohnzuschlag oder Freizeit kompensiert werden.

Ein Arbeitsvertrag darf festlegen, dass Überstunden mit dem Lohn abgegolten sind – dies ist jedoch nur unter bestimmten Voraussetzungen zulässig und sollte transparent geregelt werden.

Die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung ergibt sich aus Art. 46 ArG und betrifft alle Unternehmen – unabhängig von ihrer Grösse. Sie dient insbesondere der Kontrolle gesetzlicher Arbeits- und Ruhezeiten. Wer als Arbeitgeber keine lückenlose Zeiterfassung einführt, riskiert nicht nur Bussen, sondern auch arbeitsrechtliche Streitigkeiten, z. B. bei Austritt eines Mitarbeitenden mit offenen Überstundenansprüchen.

Ruhezeiten und Pausen – ein nicht verhandelbares Recht

Ein wesentlicher Teil des Gesundheitsschutzes ist die Einhaltung von Ruhezeiten. Das Arbeitsgesetz (Art. 15 ff. ArG) schreibt vor:

  • Ab mehr als 5.5 Stunden Arbeit: mindestens 15 Minuten Pause
  • Ab mehr als 7 Stunden: mindestens 30 Minuten
  • Ab mehr als 9 Stunden: mindestens 60 Minuten

Diese Pausen gelten nur dann nicht als Arbeitszeit, wenn der Arbeitsplatz tatsächlich verlassen werden darf. Insbesondere in Dienstleistungsbetrieben ist dies relevant, z. B. in Callcentern, Support oder Pflegeeinrichtungen.

Zwischen zwei Arbeitseinsätzen muss grundsätzlich eine ununterbrochene Ruhezeit von 11 Stunden liegen. Einmal wöchentlich darf diese auf 8 Stunden reduziert werden, wenn innerhalb von zwei Wochen der Schnitt wieder 11 Stunden erreicht.

Zusätzlich sind Nachtarbeit (23:00 – 06:00 Uhr) sowie Sonntagsarbeit bewilligungspflichtig und mit Zuschlägen oder Kompensation zu versehen. Auch hier ist die Dokumentation unerlässlich – bei Verletzungen drohen empfindliche Sanktionen.

Kündigungsschutz – was gilt?

Im schweizerischen Arbeitsrecht gilt grundsätzlich das Prinzip der formfreien Kündbarkeit. Das bedeutet: Sowohl Arbeitnehmende als auch Arbeitgeber können unter Einhaltung der gesetzlichen oder vertraglichen Fristen jederzeit kündigen – ohne Angabe von Gründen. Doch es gibt wichtige Einschränkungen:

  • Sperrfristen: Während Krankheit, Unfall, Schwangerschaft oder Militärdienst darf nicht gekündigt werden (Art. 336c OR).
  • Missbräuchliche Kündigungen: Etwa aus Rache, wegen Religion, Herkunft, politischen Meinungen oder wenn Arbeitnehmende rechtmässig ihre Rechte wahrnehmen (Art. 336 OR).
  • Sozialpartnerschaftliche Pflichten: Insbesondere bei Massenentlassungen gelten Mitwirkungspflichten (Art. 335d ff. OR).

Die Kündigungsfristen betragen – wenn nichts anderes vereinbart wurde –:

  • Während der Probezeit: 7 Tage
  • 1. Dienstjahr: 1 Monat
  • Ab 2. bis 9. Dienstjahr: 2 Monate
  • Ab dem 10. Jahr: 3 Monate

Vorsicht bei Kündigungen nach Konflikten oder Krankheit – rechtliche Beratung ist in solchen Fällen dringend zu empfehlen.

Spezialregelungen – wer profitiert vom Sonderstatus?

Das Arbeitsgesetz kennt verschiedene Ausnahmen – zum Beispiel für:

  • Höher leitende Angestellte (Art. 3 lit. d ArG): Geschäftsführerinnen, Geschäftsführer und ähnliche Funktionen unterliegen nicht den Regelungen zu Arbeits- und Ruhezeiten.
  • Jugendliche: Besondere Schutzbestimmungen gelten bis zum 18. Lebensjahr.
  • Schwangere und stillende Mütter: Einschränkungen bei Nachtarbeit, Pflicht zur Sitzgelegenheit, verlängerte Pausen etc.
  • Teilzeitangestellte: Anspruch auf proportionalen Ferienanspruch und gleichwertige Behandlung bei Lohnfortzahlung, Feiertagen etc.

Auch bei temporären Anstellungen oder Arbeit auf Abruf gelten zum Teil abweichende Regeln – insbesondere bei der Zeiterfassung und im Bereich der Lohnfortzahlung.

Arbeitsrechtliche Risiken vermeiden – Empfehlungen für KMU

Gerade kleinere und mittlere Unternehmen (KMU) geraten oft unbeabsichtigt in rechtliche Schwierigkeiten. Unsere Empfehlungen:

  • Arbeitsverträge schriftlich und detailliert ausformulieren
  • Zeiterfassung konsequent umsetzen (z. B. mit TimeSafe Zeiterfassung)
  • Regelmässige Schulung der Führungskräfte zu arbeitsrechtlichen Pflichten
  • Mitarbeiterreglemente erstellen und aktuell halten
  • Gleichbehandlung und Gleichstellung im Auge behalten

Und ganz wichtig: Lohnabrechnungen, Arbeitszeitnachweise und alle vertragsrelevanten Dokumente mindestens 5 Jahre aufbewahren – besser 10.

Fazit

Das Schweizer Arbeitsrecht bietet einen fairen Rahmen für beide Seiten – Arbeitgebende wie Arbeitnehmende. Wer sich mit den zentralen Regeln vertraut macht, schafft die Basis für ein stabiles, transparentes und rechtskonformes Arbeitsverhältnis.

Gerade in einer Zeit, in der Flexibilität und Mobilität immer wichtiger werden, bleibt eines gleich: Rechtssicherheit gibt allen Beteiligten Orientierung. Und die beginnt mit dem Wissen über das geltende Recht.

Unser Tipp: Kombinieren Sie Ihr arbeitsrechtliches Wissen mit einer professionellen Zeiterfassungssoftware – so erfüllen Sie gesetzliche Pflichten und schaffen gleichzeitig ein effizientes Führungsinstrument. Für ein starkes Unternehmen und zufriedene Mitarbeitende.