Einführung
Im schweizerischen Arbeitsrecht steht der Schutz der Gesundheit der Arbeitnehmenden im Zentrum. Das Arbeitsgesetz (kurz ArG) sorgt nicht nur für Sicherheit am Arbeitsplatz, sondern regelt auch detailliert, wie lange gearbeitet werden darf – und vor allem, wann Pause gemacht werden muss. Denn: Wo tüchtig gearbeitet wird, ist die Erholung genauso wichtig wie der Einsatz.
Gerade in Dienstleistungsunternehmen, in denen geistige und kommunikative Arbeit dominiert, können Überbeanspruchung und zu wenig Pausen rasch zu Leistungsabfall und gesundheitlichen Beschwerden führen. Umso wichtiger ist es, dass Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber ihre gesetzliche Verantwortung ernst nehmen – und Mitarbeitende wissen, worauf sie Anspruch haben.
Dieser Beitrag gibt einen vertieften Überblick über die gesetzlich geregelten Arbeits- und Ruhezeiten in der Schweiz, erklärt Begriffe wie Höchstarbeitszeit, Überzeit und Pausenpflicht, und zeigt auf, weshalb eine korrekte Zeiterfassung nicht nur gesetzliche Pflicht, sondern auch unternehmerisch sinnvoll ist.
Gesetzliche Grundlagen – kurz erklärt
Das Arbeitsgesetz (ArG) gilt für die meisten Angestellten in der Schweiz – allerdings mit Ausnahmen. Nicht vom Gesetz erfasst sind zum Beispiel Selbständigerwerbende und sogenannte «höhere leitende Angestellte», wie Geschäftsführerinnen und Geschäftsführer oder Bereichsleitende mit weitreichenden Entscheidungsbefugnissen. Für alle übrigen gilt: Die Arbeitszeit ist gesetzlich begrenzt und die Ruhezeit geschützt.
Das Ziel des Gesetzes ist es, den Arbeitnehmerschutz zu gewährleisten – etwa durch die Begrenzung der Wochenarbeitszeit, durch Mindestpausen sowie durch die Regelung der Nacht- und Sonntagsarbeit. Die Einhaltung dieser Regeln wird von den kantonalen Arbeitsinspektoraten kontrolliert.
Arbeitszeit vs. Ruhezeit – was ist was?
- Arbeitszeit: Die Zeit, während der sich eine angestellte Person dem Arbeitgeber zur Verfügung halten muss – das heisst, effektiv arbeitet oder jederzeit einsatzbereit ist. Dazu zählen auch gewisse Wegezeiten, Bereitschaftsdienste, Meetings, Schulungen und administrative Tätigkeiten.
- Ruhezeit: Die Zeit, in der nicht gearbeitet wird. Dazu gehören gesetzlich vorgeschriebene Pausen, Erholungszeiten zwischen zwei Einsätzen (z. B. die Nacht), sowie freie Tage und Sonntage. Ruhezeiten dienen der physischen und psychischen Regeneration und dürfen nicht durch Lohnzuschläge ersetzt werden.
Die gesetzliche Maximalarbeitszeit beträgt gemäss Artikel 9 ArG:
- 45 Stunden pro Woche für Büroangestellte, technisches Personal und Verkaufspersonal in Grossbetrieben des Detailhandels
- 50 Stunden pro Woche für alle übrigen Arbeitnehmenden
Was darüber hinausgeht, gilt als Überzeit – und muss entweder mit einem Lohnzuschlag von 25 % oder mit Freizeit gleicher Dauer kompensiert werden, sofern keine abweichende Regelung zulässig ist. Die Überstunden hingegen – also die Differenz zwischen vertraglicher und gesetzlicher Maximalarbeitszeit – können im Arbeitsvertrag auch abgegolten oder pauschal geregelt sein.
Weshalb die Zeiterfassung entscheidend ist
Gemäss Artikel 46 ArG ist jede Arbeitgeberin und jeder Arbeitgeber in der Pflicht, die Arbeitszeiten seiner Mitarbeitenden korrekt zu dokumentieren. Es geht dabei nicht nur um Kontrolle, sondern um Schutz – zum Beispiel vor Überarbeitung, Burnout oder unfairer Behandlung. Ohne transparente Zeiterfassung kann weder die Einhaltung der Arbeitszeitvorschriften noch der korrekte Überstundenausgleich überprüft werden.
Im Alltag bedeutet das: Arbeitsbeginn, -ende, Pausen sowie ausserordentliche Einsätze (z. B. Nachtarbeit) müssen systematisch erfasst werden. In der Praxis empfiehlt sich dafür der Einsatz einer modernen Zeiterfassungs-Software, die nicht nur gesetzeskonform arbeitet, sondern auch betriebswirtschaftlichen Nutzen stiftet – etwa bei der Projektabrechnung, Ressourcenplanung oder internen Analyse der Produktivität.
Übrigens: Die Aufbewahrungspflicht für Arbeitszeitnachweise beträgt in der Schweiz mindestens 5 Jahre. Wer auf Nummer sicher gehen will, speichert die Daten elektronisch und gesichert – idealerweise mit klar nachvollziehbaren Zeitstempeln.
Was zählt alles zur Arbeitszeit?
Gemäss Artikel 13 ArGV1 ist als Arbeitszeit jede Zeit zu werten, in der sich der Mitarbeitende zur Verfügung des Arbeitgebers halten muss. Das ist mehr als nur die Zeit am Schreibtisch – es betrifft auch indirekte Tätigkeiten, die im Interesse des Unternehmens geschehen.
- Vorbereitungs- und Aufräumarbeiten: Das Einrichten des Arbeitsplatzes oder das Einloggen ins System vor Arbeitsbeginn gehört dazu.
- Reisezeiten: Wenn der Weg zum Kunden deutlich länger ist als der normale Arbeitsweg, zählt der Mehraufwand zur Arbeitszeit.
- Homeoffice: Sämtliche Arbeitszeit im Homeoffice gilt natürlich auch als Arbeitszeit – sofern sie im Auftrag oder Interesse des Arbeitgebers erfolgt.
- Schulungen und Weiterbildung: Sind diese vom Arbeitgeber verordnet oder erwartet, zählt die Zeit als Arbeitszeit.
- Pikettdienst: Wird der Pikettdienst im Betrieb geleistet, zählt die gesamte Zeit als Arbeitszeit – auch ohne Einsatz. Erfolgt der Dienst zu Hause, wird nur die effektive Einsatzzeit gezählt.
Unklarheiten gibt es oft bei der Erreichbarkeit via Handy oder E-Mail. Wer nur «gelegentlich erreichbar» sein muss, ohne festgelegte Reaktionszeit, ist rechtlich nicht in Arbeitszeit gebunden. Muss aber eine ständige Bereitschaft gewährleistet sein, zählt diese Zeit unter Umständen ebenfalls zur Arbeitszeit – hier kommt es auf die vertragliche und betriebliche Auslegung an.
Arbeiten auf Abruf – was gilt?
Bei Arbeit auf Abruf besteht keine feste Planung – Mitarbeitende werden je nach Bedarf eingesetzt. Arbeitsrechtlich ist klar: Nur die tatsächlich geleisteten Einsätze gelten als Arbeitszeit. Die sogenannte Rufbereitschaft hingegen – bei der die Person innert kurzer Frist einsatzbereit sein muss – kann unter Umständen auch ohne tatsächlichen Einsatz anteilsmässig entschädigt werden. Entscheidend ist, wie stark die Freizeit eingeschränkt ist.
Tages-, Abend- und Nachtarbeit – die rechtliche Abgrenzung
Die Einteilung in Tages-, Abend- und Nachtarbeit erfolgt gesetzlich wie folgt:
- Tagesarbeit: 06:00 Uhr bis 20:00 Uhr
- Abendarbeit: 20:00 Uhr bis 23:00 Uhr
- Nachtarbeit: 23:00 Uhr bis 06:00 Uhr (bewilligungspflichtig)
Tages- und Abendarbeit dürfen ohne Bewilligung geleistet werden, wobei gewisse Höchstgrenzen zu beachten sind. Nachtarbeit ist in der Regel verboten und bedarf einer Ausnahmebewilligung. Zudem ist sie mit Zuschlägen oder Kompensationen verbunden, sofern sie nicht regelmässig erfolgt (Art. 17b ArG).
Verbot der Sonntagsarbeit
Auch die Sonntagsarbeit ist grundsätzlich nicht erlaubt – das heisst, der Zeitraum von Samstag 23 Uhr bis Sonntag 23 Uhr darf nur mit Bewilligung für Arbeitseinsätze genutzt werden. Wird mehr als 5 Stunden gearbeitet, muss ein vollwertiger Ersatzruhetag gewährt werden. Üblicherweise sind maximal 6 Sonntage pro Jahr bewilligungsfrei – bei mehr sind Sonderregelungen und ein triftiger Grund nötig.
Ruhezeiten – gesetzlich geschützte Erholung
Gemäss Art. 15 ff. ArG gelten folgende Mindestregelungen:
- Pause bei über 5.5 Stunden: mind. 15 Minuten
- Pause bei über 7 Stunden: mind. 30 Minuten
- Pause bei über 9 Stunden: mind. 60 Minuten
Diese Pausen dürfen nicht beliebig verschoben oder gestrichen werden – und sie müssen im Arbeitszeitnachweis separat sichtbar sein. Achtung: Wenn der Arbeitsplatz nicht verlassen werden darf, gelten die Pausen als Arbeitszeit!
Zudem ist eine tägliche Ruhezeit von mindestens 11 Stunden zwischen zwei Arbeitseinsätzen gesetzlich vorgeschrieben (Art. 15a ArG). Eine einmalige Verkürzung auf 8 Stunden pro Woche ist erlaubt, solange der Durchschnitt innerhalb von zwei Wochen wieder bei 11 Stunden liegt.
Wöchentlicher Ruhetag und freier Halbtag
Arbeitnehmende haben Anrecht auf mindestens einen freien Tag pro Woche – in der Regel ist das der Sonntag. Wird an mehr als fünf Tagen gearbeitet, ist zusätzlich ein freier Halbtag pro Woche Pflicht (Art. 21 ArG). Auch hier gilt: Diese Zeit ist unverzichtbar für die Erholung und darf nicht in Geld abgegolten werden.
Wichtig: Eine finanzielle Kompensation für nicht eingehaltene Ruhezeiten ist nicht zulässig – auch nicht, wenn Arbeitnehmende zustimmen würden (Art. 22 ArG). Der Gesundheitsschutz hat Vorrang – ein «Verzicht» ist gesetzlich ausgeschlossen.
Wie und wo ist die Arbeitszeit geregelt?
Im Schweizer Arbeitsrecht wird die konkrete Arbeitszeit in folgender Reihenfolge geregelt:
- Individueller Arbeitsvertrag: Meist wird hier die Wochenarbeitszeit vereinbart, z. B. 42 Stunden bei 100% Pensum.
- Personal- oder Betriebsreglement: Enthält oft allgemeine Vorgaben zur Arbeitszeit und Pausenregelung für die ganze Belegschaft.
- Gesamtarbeitsvertrag (GAV): Falls vorhanden, geht dieser individuellen Regelungen vor. Viele Branchen (z. B. Bau, Gastronomie) sind GAV-gebunden.
- Mündliche Abmachung: Nur zulässig, wenn keine schriftlichen Regelungen bestehen. Beweisprobleme sind hier aber vorprogrammiert.
- Arbeitsgesetz (ArG): Gilt immer als unterste Schutzgrenze, auch wenn nichts anderes geregelt wurde.
Unabhängig davon gilt: Die gesetzliche Pflicht zur Zeiterfassung (Art. 46 ArG) darf nicht vertraglich ausgeschlossen werden – weder individuell, noch im GAV oder Reglement. Der Arbeitgeber muss sicherstellen, dass eine lückenlose und transparente Erfassung der Arbeits- und Ruhezeiten erfolgt.
Wer ist vom Arbeitsgesetz ausgenommen?
Nicht alle Arbeitnehmenden unterstehen dem Arbeitsgesetz – insbesondere nicht:
- Selbständigerwerbende
- Höher leitende Angestellte im Sinne von Art. 3 lit. d ArG – z. B. Geschäftsführerinnen, Bereichsleitende mit weitreichender Entscheidungskompetenz
Diese Personen sind von den Vorschriften zur Höchstarbeitszeit, Nacht- und Sonntagsarbeit sowie Ruhezeiten befreit. Sie dürfen arbeiten, so viel und wann immer sie wollen – auf eigene Verantwortung. Trotzdem kann es aus Gründen der Fairness und Unternehmenskultur sinnvoll sein, auch für Kaderpersonen eine (freiwillige) Zeiterfassung einzuführen.
Ruhezeiten dürfen nicht verkauft werden
Es kommt in der Praxis immer wieder vor, dass Mitarbeitende während der eigentlichen Ruhezeiten weiterarbeiten – z. B. in der Nacht, am Sonntag oder an einem Ruhetag – und dafür einfach einen Lohnzuschlag erhalten. Doch das ist gemäss Art. 22 ArG nicht erlaubt. Der Gesundheitsschutz steht über finanziellen Anreizen.
Ausnahme: Nur während der Kündigungsfrist darf davon abgewichen werden, sofern beide Seiten einverstanden sind. Ansonsten gilt: Ruhezeit ist Pflicht und nicht verhandelbar.
Dokumentation und Aufbewahrungspflicht
Alle Angaben zur Arbeitszeit müssen lückenlos dokumentiert werden – das heisst:
- Beginn und Ende jeder Arbeitsschicht
- Alle Pausen über 30 Minuten
- Ruhe- und Freitage
- Überstunden und Überzeit
Die Dokumentation muss mindestens 5 Jahre aufbewahrt werden (Art. 73 ArGV1). Das gilt auch für elektronische Zeiterfassungen.
Praxis-Tipp
Nutzen Sie eine moderne und benutzerfreundliche Zeiterfassungs-Software, die Ihre gesetzlichen Pflichten erfüllt und gleichzeitig ein Führungsinstrument ist. Besonders in Dienstleistungsbetrieben oder projektbasierten Unternehmen ist die Verknüpfung von Zeit, Aufwand und Ergebnis erfolgsentscheidend.
Die Zeiterfassung hilft Ihnen nicht nur bei der Einhaltung des Gesetzes, sondern auch bei:
- der Planung von Ressourcen
- der Nachkalkulation von Projekten
- der Effizienzsteigerung im Betrieb
- der Abrechnung gegenüber Kunden
Mit einer professioneller Software vermeiden Sie rechtliche Risiken und schaffen gleichzeitig Transparenz, Fairness und Vertrauen in Ihrer Belegschaft.
Fazit
Das Arbeitsrecht ist klar: Arbeitszeit ist Arbeitszeit, Ruhezeit ist Ruhezeit – und beides muss korrekt erfasst und eingehalten werden. Die Pflicht zur Zeiterfassung ist kein lästiges Muss, sondern bietet bei richtiger Umsetzung auch zahlreiche Chancen zur Verbesserung der betrieblichen Abläufe. Und am wichtigsten: Sie schützt die Gesundheit Ihrer Mitarbeitenden – und somit auch den langfristigen Erfolg Ihres Unternehmens.