HomeZeiterfassungÜberstunden & Überzeit in der Schweiz: Rechte, Pflichten & Fallstricke

Überstunden & Überzeit in der Schweiz: Rechte, Pflichten & Fallstricke

Inhaltsverzeichnis



Einleitung

Ein Mitarbeiter verlässt das Unternehmen – und reicht zwei Wochen später eine Forderung über 180 Überstunden ein. Kein schriftlicher Verzicht, keine klare Vertragsregelung, keine lückenlose Zeiterfassung. Dieses Szenario erleben Schweizer Unternehmen leider immer wieder – mit hohem juristischem Risiko.

Überstunden und Überzeit sind nicht nur rechtliche, sondern auch operative Herausforderungen. Nur wer die rechtlichen Grundlagen kennt und vorausschauend handelt, schützt sich vor bösen Überraschungen. Dieser Beitrag zeigt Ihnen, wie Sie als Arbeitgeber rechtssicher handeln, korrekt vergüten und mit smarten Tools wie TimeSafe für Klarheit sorgen.

Was sind Überstunden?

Gemäss Art. 321c OR sind Überstunden jene Arbeitsstunden, die über die vertraglich vereinbarte Arbeitszeit hinausgehen – jedoch noch unterhalb der gesetzlichen Höchstarbeitszeit liegen. Vereinbaren Sie z. B. im Arbeitsvertrag eine 40-Stunden-Woche, gelten alle Stunden darüber bis zur gesetzlichen Grenze als Überstunden.

Überstunden stellen eine Form der Mehrarbeit dar, die über das vertraglich vereinbarte Arbeitspensum hinausgeht, jedoch innerhalb der gesetzlichen Höchstarbeitszeit bleibt.
Diese Überstunden müssen grundsätzlich vom Arbeitgeber bewilligt oder zumindest stillschweigend akzeptiert worden sein, um kompensationspflichtig zu sein.

Was ist Überzeit?

Überzeit bezeichnet jede geleistete Arbeitszeit, die die gesetzlich definierte Höchstarbeitszeit überschreitet. Diese liegt gemäss Art. 9 ArG bei:

  • 45 Stunden/Woche für Büro-, technisches Personal sowie Verkaufspersonal in Grossbetrieben
  • 50 Stunden/Woche für alle übrigen Arbeitnehmenden

Alle darüber hinausgehenden Arbeitsstunden gelten als Überzeit – mit besonderen rechtlichen Konsequenzen bei der Vergütung.

Unterschied: Überstunden vs. Überzeit

Der wesentliche Unterschied liegt im Ausgangspunkt:

  • Überstunden: alles über dem vertraglich vereinbarten Pensum bis zur gesetzlichen Höchstarbeitszeit
  • Überzeit: alles über der gesetzlichen Höchstarbeitszeit

Überzeit hat zwingende gesetzliche Vorgaben und darf nicht vertraglich ausgeschlossen werden – im Gegensatz zu Überstunden, bei denen Vereinbarungen im Arbeitsvertrag möglich sind.

Pflicht zur Leistung

Arbeitnehmende sind zur Leistung von Überstunden verpflichtet, wenn alle folgenden Bedingungen erfüllt sind:

  1. Die Arbeit ist betrieblich notwendig
  2. Sie ist zumutbar (gesundheitlich & organisatorisch)
  3. Sie erfolgt nach Treu und Glauben
  4. Die gesetzliche Höchstarbeitszeit wird nicht überschritten

Überstundenvergütung

Sofern keine andere Vereinbarung im Arbeitsvertrag besteht, gelten gemäss OR:

  • Zuschlag von 25 % auf den Normallohn
  • Oder Zeitkompensation mit gleichwertiger Freizeit (nur mit Zustimmung des Mitarbeitenden)

In vielen Verträgen wird geregelt, dass Überstunden pauschal mit dem Lohn abgegolten sind. Solche Regelungen sind gültig – solange sie klar und explizit formuliert sind.

Überzeitvergütung

Überzeit muss zwingend vergütet werden. Optionen laut Arbeitsgesetz:

  • 25 % Zuschlag auf den Normallohn
  • Oder gleichwertiger Freizeitausgleich – nur mit Zustimmung des Mitarbeitenden

Wichtig: Ein vertraglicher Verzicht auf Überzeitentschädigung ist nicht zulässig. Die Entschädigungspflicht bei Überzeit bleibt dabei zwingend – unabhängig von Branche oder Funktion.

Regelung im Arbeitsvertrag

Arbeitgeber sollten Regelungen zu Überstunden klar im Vertrag definieren. Typische Optionen:

  • Pauschale Abgeltung durch den Lohn
  • Ausgleich ab einer bestimmten Stundenzahl
  • Klarer Hinweis auf Freizeitkompensation vs. Lohnzahlung

Bei Kaderstellen empfiehlt sich oft ein vertraglicher Verzicht auf Überstundenentschädigung – juristisch korrekt formuliert.
Mehr zur rechtssicheren Gestaltung finden Sie in unserer Einführung ins Schweizer Arbeitsrecht.

Verjährung und Verfall

Ansprüche auf Überstundenentschädigung verjähren nach fünf Jahren (Art. 128 Abs. 3 OR). Wichtig: Wird beim Austritt keine Forderung gestellt, kann dies als stillschweigender Verzicht gewertet werden.

Zahlungen älterer Überstunden durch den Arbeitgeber sind dennoch rechtlich gültig – ein Rückforderungsrecht besteht nicht.

Überstunden bei Teilzeit

Auch Teilzeitkräfte können zur Überstundenleistung verpflichtet werden – sofern zumutbar. Aufgrund zusätzlicher Verpflichtungen (z. B. Zweitjob) ist dies aber eingeschränkt möglich. Auch hier gilt Art. 321c OR mit seinen Kriterien.

Ausgleichsarbeit

Wird ein Mitarbeitender z. B. für einen privaten Termin freigestellt, kann der Arbeitgeber das Nachholen verlangen. Diese Stunden gelten nicht als Überstunden, sondern als Ausgleichsarbeit.
Die Ausgleichsarbeit muss sauber dokumentiert und als solche in der Zeiterfassung ersichtlich sein – idealerweise über eine strukturierte Arbeitszeitdokumentation im System.

Gesamtarbeitsverträge

In vielen Branchen (Bau, Gastronomie, Verkauf) regeln Gesamtarbeitsverträge (GAV) verbindlich den Umgang mit Überstunden. Diese Bestimmungen gehen individuellen Arbeitsverträgen vor. Prüfen Sie daher, ob ein GAV für Ihre Branche gilt. Viele GAV definieren zudem spezifische Arbeitszeitmodelle in der Schweiz – z. B. Jahresarbeitszeit oder Gleitzeit.

Wann darf Überzeit geleistet werden?

Nur in Ausnahmefällen erlaubt:

  • Ausserordentlich hoher Arbeitsanfall
  • Inventuren oder Liquidationen
  • Betriebsstörungen

Obergrenzen pro Jahr:

  • 170 Stunden (bei 45h-Höchstarbeitszeit)
  • 140 Stunden (bei 50h-Höchstarbeitszeit)

Was Sie jetzt tun sollten

  • Regelung zu Überstunden im Arbeitsvertrag festhalten
  • GAV-Bestimmungen prüfen
  • Transparente Kommunikation im Team
  • Nutzen Sie eine zuverlässige und etablierte Zeiterfassungslösung, um Überstunden rechtssicher zu dokumentieren.
  • Erfüllen Sie die gesetzliche Zeiterfassungspflicht mit einer Lösung wie TimeSafe, um Überstunden korrekt zu erfassen.
  • Informieren Sie sich über flexible Arbeitszeitmodelle im Rahmen des Schweizer Arbeitsrechts.

Fallbeispiel aus der Praxis:

Ein KMU im Gesundheitswesen hatte über Jahre keine klare Regelung zu Überstunden. Nach dem Austritt eines langjährigen Teamleiters forderte dieser rückwirkend rund 220 Stunden. Das Unternehmen konnte mangels korrekter Zeiterfassung und Dokumentation nur einen Bruchteil belegen – und verlor das Verfahren vor Gericht. Seither arbeitet die Firma mit TimeSafe – samt expliziter Vertragsergänzungen und digitaler Zeitkonten für jeden Mitarbeitenden.

Checkliste für Arbeitgeber

  • Vertragliche Regelung vorhanden?
  • Zeiterfassung gesetzeskonform?
  • Werden Überstunden dokumentiert und bewilligt?
  • GAV-Regelung geprüft?
  • Verjährung berücksichtigt?
  • Werden Mitarbeiterzeitkonten digital geführt und regelmässig kontrolliert?

FAQ

Was ist der Unterschied zwischen Überstunden und Überzeit?

Überstunden = über dem vertraglichen Pensum, Überzeit = über der gesetzlichen Höchstarbeitszeit.

Muss Überzeit immer vergütet werden?

Ja – entweder mit 25 % Zuschlag oder Freizeit. Ein Verzicht ist unzulässig.

Wie viele Überstunden dürfen verlangt werden?

Nur soweit zumutbar, notwendig und gesetzlich erlaubt – siehe Art. 321c OR.

Gilt das auch für Teilzeitkräfte?

Ja, mit Einschränkungen – zumutbare Leistung und klare vertragliche Regelung empfohlen.

Verfallen Überstunden?

Nein – aber Ansprüche verjähren nach 5 Jahren.

Müssen Arbeitgeber Freizeit gewähren oder Lohn zahlen?

Das hängt von der vertraglichen Vereinbarung ab – ohne Regelung gilt Lohn plus 25 % Zuschlag.

Fazit

Überstunden und Überzeit erfordern eine klare, faire und dokumentierte Handhabung. Mit korrekten Verträgen, verlässlicher Zeiterfassung und gut informierten Teams stärken Sie Ihre Unternehmenskultur – und sichern Ihre HR-Compliance.

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